Wenn Sprache Bilder malt und Wörter Flügel bekommen

Redewendungen, Sprichwörter, Redensarten – sie schleichen sich elegant in unseren Sprachschatz. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass wir sie benutzen. Und das war schon immer so. Zeit, dem Ganzen mal auf den Grund zu gehen.

Redewendungen (Idiome) und Phrasen sind so alt wie die Menschheit. Oft bringen sie Komplexes kreativ auf den Punkt, oft ziehen sie Vergleiche, die auf den ersten Blick keiner Logik folgen. Sie malen schräge Bilder, feiern unseren Alltag mit geflügeltem Wortspiel. Sie kommen moralisch oder ironisch, martialisch oder liebevoll, banal oder kunstvoll daher. Aber was ist ihre Bedeutung und woher kommen sie? Gehen wir chronologisch vor und beginnen bei den alten Griechen. 

Redewendungen – Aus allen Wolken fallen

«Ich bin aus allen Wolken gefallen» – das sagen wir, wenn wir von der Realität überrascht werden. Die Redewendung geht zurück auf den Komödiendichter Aristophanes, geboren 445. v. Chr. im klassischen Athen. In seiner Komödie «Die Vögel» schrieb er von der Stadt Wolkenkuckucksheim, einer Fantasiestadt in den Wolken. Wer also aus den Wolken fällt, gelangt von der Traumwelt zurück in die Wirklichkeit. 

«Eulen nach Athen tragen» bedeutet: etwas vollkommen Unnötiges tun. Auch dies kommt aus der Feder von Aristophanes` «Die Vögel». In der griechischen Mythologie steht die Eule für Weisheit, warum überall in Athen Statuen und Bilder von Eulen zu sehen waren. Wer also Eulen nach Athen brachte, tat er etwas Unnötiges. Eine andere Deutung besagt, der Ursprung der Redewendung ginge auf die Athener Geldmünzen zurück. Wie heute auf der griechischen Euromünze, war schon im antiken Athen die Eule auf den Silbertalern abgebildet, weshalb man die Münzen «Eulen» nannte. Davon hatte das reiche Athen mehr als genug. Und so fanden die Athener, die damals kaum Steuern entrichten mussten: Noch mehr Geld, also «Eulen», nach Athen zu tragen, das sei schlicht unnütz. 

«Etwas aus dem Effeff können» – wer das von sich sagen kann, beherrscht etwas perfekt oder kennt sich hervorragend aus mit einem Thema. Die Redensart geht 1500 Jahre zurück, zu den Pandekten (das Allumfassende), den Gesetzeswerken der alten Römer. Die Pandekten wurden mit dem griechischen Buchstaben Pi abgekürzt. Schnell dahingekritzelt sah das Pi oft aus wie zwei kleine «f». Und so setzte sich tatsächlich die Abkürzung «ff» für das Gesetzeswerk durch. Das Römische Reich ging unter, die römischen Gesetze und das «ff» hatten Bestand, bildeten die Basis für die Gesetzgebung der jungen europäischen Staaten. Die Pandekten stehen für gesichertes, jahrhundertealtes Wissen. Was aus dem «ff» stammt, ist verlässlich korrekt. Wer etwas aus dem Effeff («ff») kann, ist bis heute eine echte Fachperson mit Expertise.

«Jemand die Leviten lesen» heisst seit dem 8. Jahrhundert jemanden zu ermahnen oder zurechtzuweisen. Die Redewendung bezieht sich auf das dritte Buch Mose, das «Levitikus». Wenn es angezeigt war, die Verhaltensregeln für die Geistlichen in Erinnerung zu rufen, las der Bischof den Benediktinermönchen die Leviten (vor). Es folgten meist Mahn- und Strafpredigten. 

Redewendungen – Auf keinen grünen Zweig kommen

«Auf keinen grünen Zweig kommen». Ein frischer grüner Zweig steht für Erfolg, Triumph, Aufstieg, Wachstum. Die Redensart aus dem deutschsprachigen Sprachraum lässt sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Später entstand der Brauch, Grundstückskäufern einen gepflanzten grünen Zweig zu schenken. Die guten Geister darin sollten Wohlstand und Anerkennung bringen. Wer es nicht schaffte, ein Grundstück zu erwerben, schaffte es auch nie, auf einen grünen Zweig zu kommen. Übrigens: Die Farbe Grün wird in Redewendungen gern benutzt. Wer lobhudelt, der lobt über den grünen Klee. Wer unerfahren ist, ist grün hinter den Ohren. Ach du grüne Neune!

«Alles in Butter» signalisiert, dass alles bestens läuft. Wie so viele Redewendungen stammt auch diese aus dem Mittelalter, aus der Zeit als wertvolle, italienische Gläser aus Italien über die Alpen nach Norden verschickt wurden. Auf den Pferdewagen gingen bedauerlicherweise viele zu Bruch. Bis ein schlauer Händler eine Idee hatte: Er legte die Gläser in Fässer und goss heisse, flüssige Butter darüber. Die abgekühlte Butter fixierte die Gläser. Selbst wenn eines der Fässer vom Wagen fiel, blieben sie heil, denn «alles war in Butter».

«Hinz und Kunz» haben schon viele Jahrhunderte auf dem Buckel. Eigentlich heissen die beiden altertümlichen Jungs Heinrich und Konrad. Ihre Vornamen waren im Mittelalter äusserst beliebt, so wie die weit verbreiteten Abkürzungen Hinz und Kunz. Schon dazumal und bis heute sind «Hinz & Kunz» eine nicht gerade respektvolle Redewendung für x-beliebige Menschen oder «alle möglichen Leute».

«Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach». Das ist die pragmatische Entscheidung für den kleinen Vorteil statt dem unsicheren grossen Erfolg. Die Redewendung wird seit dem 19. Jahrhundert verwendet. Kann man das ins Englische übersetzen? Man kann! In Grossbritannien meint man dasselbe und sagt: «A bird in the hand is worth two in the bush» (Lieber einen Vogel in der Hand als zwei im Busch»). Wenn man in England sagt, dass etwas «out of the blue» (aus dem Blauen heraus) geschieht, spricht man von etwas völlig Unerwartetem. Auf Deutsch sagen wir entsprechend: «Aus heiterem Himmel». Nur selten finden Übersetzerinnen und Übersetzer solche passgenauen Entsprechungen für Redewendungen. Nicht zuletzt, weil sie stark kulturell und regional geprägt sind. Die perfekte Übersetzung ist oft eine echte Knacknuss! Apropos regional …

«Chasch mer am Ranze hange» – wer das zu hören kriegt, sollte wissen: da hat jemand die Schnauze gestrichen voll. Gleiches gilt für «Blas mer id Schueh». Übersetzt: «Rutsch mir den Buckel runter»

Redewendungen – wo der Hammer hängt

«Ich zeigt dir, wo der Barthel den Most holt» oder «Ich zeig dir wo de Bartli de Most holt». Diese Redewendung wird nur im südlichen Deutsch-Sprachraum benutzt.  Barthel/Bartli ist kein männlicher Vorname, sondern jiddisch und bedeutet Brechstange. Und Most ist kein Getränk, sondern auch ein jiddisches Wort und steht für Geld. Die Redewendung zeigt an «wo es langgeht» oder «wo der Hammer hängt».

«Das isch alles für d’Füchs» oder in der hochdeutschen Variante «Das ist alles für die Katz» drückt aus, dass die Sache vergebens, nicht lohnenswert ist. Und da sind wir bei den Tieren. Einige der kreativsten Redewendungen beziehen sich auf Tiere und ihre Eigenheiten. Tiere sind am prominentesten vertreten in der Liste der Redewendungen. 

Der eine ist ein «Wolf im Schafspelz», der andere der «Hahn im Korb». Die eine überwindet den inneren Schweinehund, die andere weiss wo der Hase im Pfeffer und der Hund begraben liegt und schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Man kann Krokodilstränen weinen oder wie ein Schlosshund heulen – zum Beispiel, wenn einem eine Laus über die Leber gelaufen ist oder weil eine Schwalbe noch keinen Sommer macht. Nur weil jemand stur wie ein Esel ist muss man noch lange nicht fuchsteufelswild werden, oder? Wenn einer einen Kater hat, dann hat er möglicherweise am Vorabend den Löwenanteil des Weins konsumiert. Schweine pfeifen ja eigentlich nicht. Wenn sie es doch tun, haben sie ein aussergewöhnliches Talent und somit Schwein gehabt. Wird dann der Hund in der Pfanne verrückt? Wenn es wie aus Kübeln regnet, sagt man in England und den USA: It's raining cats and dogs. Really? Da lachen ja die Hühner!

Redewendungen – was gibt’s Neues?

Sprache ist lebendig. Darum ist das mit den Redewendungen eine «never ending story» und jede Generation fügt neue Redensarten hinzu. Und was gibt’s Neues? Erst seit es Fluglotsen gibt, haben wir «etwas auf dem Schirm», wenn jemand einer Sache viel Beachtung schenkt. «Das ist ganz grosses Kino» sagen wir, wenn uns etwas vollkommen begeistert. Sollten Sie keine Peilung haben, was FOMO oder YOLO bedeutet, dann gehören Sie safe nicht zur GenZ. Was aber noch lange nicht heisst, dass Hopfen und Malz verloren ist.

 

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Nadia Gaille
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