Das betrifft nicht nur Private in ihren «Bubbles», sondern auch Unternehmen. Einerseits müssen alle immer online, immer erreichbar sein und auf Anfragen und Kontaktaufnahmen sofort reagieren. Andererseits befeuert die relative Anonymität, die gerade Apps und soziale Medien bieten, saloppes bis unangemessenes Verhalten. Deshalb braucht es mehr «Netiquette» im Cyberspace.
Haltung bewahren
Der Begriff Netiquette – oder eingedeutscht Netikette – setzt sich aus den beiden Wörtern «net» (Englisch für «Netz») und «etiquette» (Französisch für «Vorschrift») zusammen. Gemeint ist damit korrektes Verhalten und angemessene Kommunikation im Internet und in vergleichbaren Netzwerken. Man soll sich also online so freundlich und respektvoll benehmen, wie man es im realen Leben auch täte.
Doch Netiquette bedeutet noch viel mehr. Es geht darum, die jeweilige Zielgruppe richtig anzusprechen, lesbare und verständliche Inhalte zu bieten, klare Formulierungen zu finden. Es geht aber auch um Datensicherheit und die Respektierung von Urheberrechten. All das sind Dinge, die in der schnellen virtuellen Welt gern aus dem Blick geraten.
Alles ist möglich, aber nicht immer erwünscht
Das Internet und die unzähligen Möglichkeiten zu kommunizieren haben alles etwas informeller gemacht. Und häufig schwappt der Ton aus privaten Chatgruppen auf die berufliche Kommunikation über, und zwar nicht nur zwischen Teammitgliedern, sondern auch auf die E-Mails an Kundinnen und Lieferanten. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Wir alle sind wahrscheinlich bis zu einem gewissen Mass informeller unterwegs als früher – beruflich wie privat.
Früher galten für alle die gleichen formellen Regeln, heute ist das anders: Duzen, Siezen, knappe unpersönliche Formulierungen, Anglizismen – «anything goes!». Für Unternehmen stellen sich hier gleich zwei Herausforderungen: Wenn alles möglich ist und auch gemacht wird, verliert man rasch sein Profil; und manche Menschen stösst eine informelle Ansprache ab. Deshalb gehört ein Abschnitt zur «Netiquette» in jeden Sprachleitfaden eines Unternehmens.
Den richtigen Ton finden
Eine Netiquette-Regelung muss mindestens die folgenden Punkte abdecken:
- Duzen oder Siezen: Per du ist man näher am Kunden, trifft sich auf Augenhöhe. Doch gerade ältere Semester mögen das vielleicht nicht. Ausserdem eignet sich das Du nicht für Branchen, in denen Ernsthaftigkeit zum Geschäft gehört. Bei einem Sportartikelgeschäft passt das Duzen zum Image, bei einer Bank eher nicht.
- Intern/extern: Viele Unternehmen setzen intern auf Du-Kultur, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Sie sollten dabei aber klar definieren, ob diese informelle Ansprache auch nach aussen gelten darf.
- Emojis: Die kleinen Piktogramme sind aus vielen Mitteilungen nicht mehr wegzudenken. Sie lockern den Text auf und vermitteln emotionalen Kontext. Mittlerweile gibt es jedoch so viele verschiedene Emojis, dass das Risiko besteht, das falsche zu verwenden. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Person ihr Beileid mit 😂 ausdrücken will, weil es «weint». 🤯? Für Unternehmen empfiehlt es sich, sehr genau zu überlegen, ob und welche Emojis man einsetzen möchte.
- Abkürzungen: In den Anfangszeiten der mobilen Kommunikation, als SMS noch teuer waren und die Zeichenzahl beschränkt, wurden viele Abkürzungen erfunden, die auch heute noch gern genutzt werden, zum Beispiel: LOL für «laughing out loud», SOML für «story of my life» oder WTF, was wir hier nicht ausschreiben möchten. Eine aktuelle Liste hat die Unterrichtsplattform Preply zusammengetragen. Wie Emojis können auch diese Abkürzungen zu Missverständnissen führen – sie sind also mit Vorsicht zu geniessen.
- Memes: In den sozialen Medien haben sich Memes zu einem Kulturphänomen entwickelt. Dabei werden bestehende Inhalte, meistens Bilder oder Videos, verfremdet. Den Witz versteht oft nur, wer den Kontext des Originals kennt. Bei allem Humor sollten Unternehmen vom Einsatz von Memes absehen – nur schon weil sie meist gegen Copyright-Bestimmungen verstossen.
- Copyright: Manchmal ist das Internet wie das Regal mit Süssigkeiten an der Kasse. So viele schöne Bilder und Videos überall. Trotzdem gilt: «Finger weg!» Grundsätzlich sind Bilder und Inhalte geschützt und dürfen nicht ohne Einwilligung des Urhebers oder der Urheberin verwendet werden. Vielen ist das nicht so klar, deshalb sollten Sie das Ihren Mitarbeitenden deutlich sagen. Denn Verstösse gegen das Urheberrecht können richtig teuer werden.
So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Die vielen neuen Kommunikationsformen und Kanäle haben zu einer Flut von Inhalten geführt, gleichzeitig nimmt die Aufmerksamkeitsspanne der Leute stetig ab, wie ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts schon 2019 festgestellt hat. Das führt dazu, dass lange oder komplizierte Texte nicht mehr aufgenommen werden. Das verändert auch die Unternehmenskommunikation – gefragt sind kurze Sätze, klare Aussagen und eine einfache Sprache. Für eine wirksame Kommunikation gilt: Weniger ist mehr. Vielleicht wäre eine allgemeine Auffrischung des internen Sprachleitfadens angezeigt.
Das Thema Spam geht in die gleiche Richtung. Viele Kanäle und das Tempo, mit dem heute reagiert werden muss, führen dazu, dass viel zu viel und viel zu häufig kommuniziert wird. Oft sind diese Nachrichten unklar oder lückenhaft und machen nachträgliche Erklärungen nötig. Alle stöhnen über überfüllte Mailboxen und das Wichtige verliert sich im Wortgestrüpp. Eine klare und wirksame Kommunikation bedarf heutzutage viel mehr Disziplin als früher.
Lassen Sie sich helfen
Durch die Digitalisierung haben sich die Fallstricke der Kommunikation vervielfacht – und verändern sich laufend. Kommunizieren ist vielfältiger geworden und damit auch herausfordernder. Eine professionelle Unternehmenskommunikation muss alle Entwicklungen im Blick behalten und sich ständig anpassen. Das kann schnell einmal überfordern. Die Sprachprofis von Apostroph unterstützen Sie dabei, Ihren Sprachleitfaden oder Ihre Tone-of-Voice-Unterlagen auf den neuesten Stand zu bringen. Kontaktieren Sie uns, wir beraten Sie gerne.
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