Von Aura bis Flex und immer wieder was Neues
Jugendsprache ist heute ein bunter Mix aus Netzjargon, Englisch, Memes (humorvolle oder ironische Bilder oder Videos) und Fantasie. Manche Begriffe erschliessen sich von selbst, andere sind völliges Neuland. Als mein Sohn neulich meinte: «Das war voll Minusaura», musste ich schlucken. Nachfragen oder im Web suchen? Gerne löse ich für Sie auf, falls Sie genauso ratlos sind, wie ich es war. Gemeint ist: schlechte Stimmung, uncool, keine guten Vibes (hallo, Denglisch, ich muss zugeben, auch meine Sprache verändert sich). Einige weitere Entdeckungen in der jungen Sprachwelt sind für mich:
- «Flexen»: Bedeutet heute mit etwas anzugeben – zum Beispiel mit seltenen Pokémonkarten oder neuen Sneakern.
- «Ehre»: Das hatten wir eingangs schon – wird verwendet, um Wertschätzung, Respekt oder Bewunderung auszudrücken.
- «Aura»: Das Jugendwort des Jahres 2024 – wahrscheinlich auch schon (bald) wieder gestrig. Bezieht sich auf die Ausstrahlung, das Charisma oder den «Coolness-Faktor» einer Person.
Wörter wie «cringe» (etwas ist besonders peinlich oder zum Fremdschämen) oder «sus» (verdächtig, suspekt, komisch) sind hingegen fast schon passé – der aktuelle Sprachflow ist schneller, pointierter, frecher. Viele von uns hinken hinterher, ich auch. Und meine Kinder? Sind mittendrin.
Wenn Sprache zur Bühne wird
Was mein Sohn sagt, ist nicht nur Kommunikation – es ist Ausdruck. Wer die richtigen Begriffe kennt, ist Teil der Gruppe. Es geht um Zugehörigkeit, Coolness, Abgrenzung von uns Erwachsenen. Und ja, manchmal auch ums Provozieren. Ich versuche, mit Humor zu reagieren und lerne dabei selbst viel über Dynamik, Kreativität und digitale Kultur. Meine Tochter ist dabei ihr eigener kleiner Sprachpapagei. Sie versteht noch nicht alles, was sie sagt, aber das macht es nicht weniger faszinierend. Manchmal entstehen neue Wortkreationen, die so charmant sind, dass ich sie am liebsten festhalten möchte.
Wie ich damit umgehe
Ich bin nicht bei jedem Begriff begeistert – aber trotzdem neugierig. Viele Ausdrücke sind harmlos, andere verdienen einen zweiten Blick. Ich rede mit meinen Kindern darüber, frage nach und lasse mir erklären, was hinter einem Wort, das sie nutzen, steckt. Wenn ich versuche, selbst ein «Diggah» oder «Flex» einzubauen, sorgt das für grosse Erheiterung: «Mami, das klingt bei dir irgendwie ... lost.» Noch so ein Wort.
Manchmal komme ich mir auch wie eine Übersetzerin vor oder eine Sprachschülerin – etwa, wenn mich eine WhatsApp-Nachricht meines Sohnes erreicht, die nur aus Abkürzungen, Emojis und kryptischen Kürzeln besteht. Dann sitze ich da, entziffere wie eine Detektivin und frage mich, ob ich gerade in einem Escape Room gelandet bin. Natürlich ziehe ich bei problematischen Begriffen eine Grenze. Doch solange es im Rahmen bleibt, sehe ich Jugendsprache als eine wunderbare Möglichkeit, die Welt meiner Kinder besser zu verstehen und gemeinsam zu lachen.
Sprachwandel live – am Küchentisch
Beruflich beschäftige ich mich mit Sprache, ihrer Veränderung und Wirkung. Aber nirgends ist der sprachliche Wandel so greifbar wie bei uns zu Hause. In den kleinen Szenen, wenn «Bro» eben nicht mehr nur zwischen Kollegen fällt, sondern – manchmal – auch gegenüber der eigenen Mutter. Ich muss nicht alles verstehen. Aber ich darf zuhören, lernen, schmunzeln. Ich erkenne, dass Sprache nicht nur Regeln braucht – sondern auch Raum. Raum für Kreativität, Ausdruck und Veränderung. Und dafür, dass selbst ein «Bro» am Frühstückstisch zu einem echten Highlight wird.
Als wäre das nicht schon Herausforderung genug, steht auch schon die nächste Etappe bevor: Bald werden die neuen Jugendwörter gewählt und ich ahne, dass ich einmal mehr ein ganzes Set neuer Begriffe lernen darf. Was da wohl auf mich zukommt? Vielleicht hilft ja ein Blick auf die offizielle Abstimmung des Langenscheidt Verlags: Level up: Das Jugendwort 2025 steht an!
Über unsere «Jugendsprachschülerin»
Petra Waldispühl hat uns in diesem Artikel mit an den Familientisch genommen. Mit viel Neugier entdeckt sie nicht nur zu Hause neue Sprachkreationen. Ihre Leidenschaft für Sprache lebt sie auch beruflich – im Marketing und auf Social Media. Ehre!

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