Woran erinnerst du dich besonders aus deinem Leben in Ostberlin? War der Umzug nach Bayern ein Kulturschock?
Ich war damals natürlich noch klein, aber ich erinnere mich, dass im Osten alles braun war – es wurde ja alles mit Kohle beheizt. Wenn man nach Westberlin kam, war das wie der Übergang von einem Schwarzweiss- zu einem Farbfilm: Alles war so bunt! Aber der Umzug nach Bayern war dann schon ein Kulturschock. Die Luft, die Natur, das war im Vergleich zu Berlin natürlich viel schöner, aber ich war die Grossstadt gewöhnt, und auch mit dem Dialekt hatte ich am Anfang meine liebe Mühe.
Du hast dann aber trotzdem dein Studium in Bayern absolviert …
Ja, in München habe ich es noch eine ganze Weile ausgehalten. Mit kleinem Umweg über ein halbes Soziologiestudium habe ich dort meine Übersetzerausbildung für Englisch und Französisch am Sprachen und Dolmetscher Institut gemacht. Richtig: Das Institut heisst tatsächlich so, und trotz seiner offenkundigen Abneigung gegen Bindestriche habe ich dort eine hervorragende Ausbildung genossen. Danach wollte ich aber dringend raus aus Deutschland.
Also gings raus in die weite Welt?
Ja, ich machte mich auf nach Manchester (UK) zum Masterstudium in Übersetzen. In die trockene, etwas raue Art der Mancunians habe ich mich sofort verliebt. Danach verschlug es mich noch einmal für sechs Monate nach Köln für ein Praktikum im Sprachendienst der Deutschen Telekom.
Und wie bist du in der Schweiz gelandet?
Die Liebe zu einem Schweizer mit japanischen Wurzeln brachte mich 2011 schliesslich in die Schweiz. Hier bin ich hängengeblieben und habe neben den Bündner Bergen und dem herrlichen Vierwaldstättersee so ziemlich alle beruflichen Perspektiven der Sprachbranche erleben dürfen, zunächst als Freelance-Übersetzerin direkt nach dem Studium. Über Kontakte aus Köln kam ich einige Zeit später zu einer Stelle im Project Management bei CLS Communication, damals einer der grossen LSPs der Schweiz. Innerhalb des Unternehmens konnte ich später nach London ins Vendor Management wechseln. Das war ein echter Glücksfall, und ich habe in beiden Positionen eine Menge gelernt: gutes Zeitmanagement, mentale Flexibilität und den diplomatischen Umgang mit anspruchsvollen Kunden. Zudem konnte ich mir ein grosses Netzwerk aufbauen. Von alledem profitiere ich auch heute als Leiterin des Vendor Managements bei Apostroph Switzerland.
Wie bist du zu Apostroph gekommen und weshalb bist du geblieben?
Eigentlich hat mich Patricia Kamer, die damalige Head of Operations von Apostroph Zürich, bei der Allianz Suisse abgeworben. 😉 Ich war nach meinem Abstecher nach London mittlerweile wieder in der Schweiz und bei der Allianz im Übersetzungsdienst tätig. Das ermöglichte mir wertvolle Erfahrungen aus der Kundenperspektive. Als Patricia mir vorschlug, das Vendor Management bei Apostroph zu übernehmen und auszubauen, war das eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen konnte. Ja, und nun, fast sieben Jahre später, bin ich immer noch da!
Deine Arbeit bei Apostroph macht dir also immer noch Freude?
Meine Rolle hat sich über die Jahre stetig verändert und weiterentwickelt. Ich habe eigentlich nie zwei Jahre hintereinander exakt dieselben Aufgaben gehabt. Und mit den Apostroph Teams an den verschiedenen Standorten macht es mir immer viel Spass. Auch wenn wir gemeinsame Prozesse und Standards haben, hat doch jeder Standort seine eigene Identität. Das macht es so spannend. Apostroph ist zudem als Unternehmen über die Jahre stark gewachsen, und das Vendor Management Team hat sich um zwei Kolleginnen erweitert: meine guten Feen Melis und Sabina. Ich bin Apostroph sehr dankbar für die vielen Möglichkeiten, mich weiterzuentwickeln, und für die jederzeit grosse Unterstützung – beruflich und privat.
Was begeistert dich am Bereich Sprachen und Übersetzungen?
Es gibt fast nur Plattitüden hierzu, aber was mich schon als Kind begeistert hat, war, wie man durch eine fremde Sprache – zum Beispiel Bayrisch 😉 – in eine andere Kultur eintaucht und ein anderes Lebensgefühl entwickeln kann. Italienisch ist da auch ein tolles Beispiel. Ich erinnere mich, wie ich als Kind im Urlaub in der Toskana ohne Sprachkenntnisse so getan habe, als würde ich Italienisch sprechen, und wild herumgestikuliert habe. Sehr zur Belustigung meiner Familie.
Eine andere Besonderheit von Sprache ist, dass sie Wirklichkeit schafft. Und das gilt natürlich auch für mehrsprachige Kommunikation, wie wir sie bei Apostroph ermöglichen. Unter anderem deshalb halte ich das Gendern im Deutschen bzw. die Sichtbarmachung verschiedener Geschlechter in der Sprache für wichtig. Auch wenn ich nachvollziehen kann, dass einem das Gendern gehörig auf die Nerven gehen kann.
Welche deiner Aufgaben zaubern dir am Morgen ein vorfreudiges Lächeln auf den Tag ins Gesicht?
Da gibt es einiges! Ich liebe es Analysen zu machen über Informationen aus unserer Freelancer-Datenbank oder mir Verbesserungen für unser Auftragsportal myFREELANCE zu überlegen, die unseren Linguistinnen und Linguisten die Arbeit noch leichter machen. Und natürlich macht es mir grosse Freude, aus der Datenbank die perfekte Freelancerin oder den perfekten Freelancer für einen kniffligen Auftrag zu finden und so das Project Management zu unterstützen. Last, but definitely not least, ist der Austausch mit den Übersetzenden immer sehr bereichernd. Mal ist der Grund ein positiver: die Geburt eines Babys, eine absolvierte Weiterbildung des Freelancers oder das positive Feedback eines zufriedenen Kunden. Manchmal ist es aber auch kein so schöner Anlass, wie der Tod eines Angehörigen oder eine Kundenreklamation. Aber das ist alles Teil meiner Arbeit. Es ist eben ein «people business», mit allem, was dazu gehört.
Du bist beruflich sehr engagiert. Wie schaffst du den Ausgleich im Privatleben und in der Freizeit?
Seit dem Sommer 2022 bin ich Mutter einer Tochter. Clara ist zum jetzigen Zeitpunkt gerade acht Monate alt, daher hält sich Freizeit für mich selbst derzeit in Grenzen. Das Gute ist aber, dass sie mich abends zum sofortigen Abschalten bringt. Wenn sie mich mit ihren grossen blauen Augen und dem fast zahnlosen Grinsen anstrahlt, geht mir gleich das Herz auf. Falls ich nicht gerade Windeln wechsle, Brei vorbereite oder mit Clara Keyboard spiele, mache ich in meiner Freizeit leidenschaftlich gern Viniyoga oder suche mir einen neuen Arthouse-Film raus.
Hast du eine Filmempfehlung für uns?
Kürzlich habe ich Triangle of Sadness von Ruben Östlund gesehen, eine bitterböse Satire auf die Welt der Reichen und Schönen. Besonders eingeprägt hat sich mir auch The Menu von Mark Mylod, der darin mit tiefschwarzem Humor die Spitzengastronomie aufs Korn nimmt.
Welches sind deine nächsten privaten Projekte?
Als privates Langzeitziel träume ich davon, japanisch inspirierte Keramik herzustellen. Derzeit bin ich davon noch weit entfernt. Aber der nächste Kurs an der Töpferscheibe ist schon geplant, und ich habe einiges an Raku-Schalen und Hagi-Keramik zur Inspiration in der Vitrine. 😉
Welches Buch oder welche Bücher liegen auf deinem Nachttisch und welche Musik hörst du an einem entspannten Sonntagmorgen?
Derzeitige Sonntagslektüre, wenn ich mal ein paar ruhige Minuten habe: Darm mit Charme. Selten wurde ich auf so unterhaltsame Weise über so ein wichtiges Organ des Körpers informiert. Musikalisch habe ich aktuell aus irgendeinem Grund eine Rock’n’Roll-Phase und höre Bill Haley, Chuck Berry oder die frühen Beatles rauf und runter. Es gibt einfach sofort gute Laune.
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